Arbeitsverhältnisse individualisieren
- Günter Thoma

- 12. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Um den Herausforderungen zu begegnen, vor denen Organisationen stehen, sehen sich Mitarbeitende steigenden Anforderungen ausgesetzt. Führungskräfte fragen sich, wie sie ihre Teams bestmöglich dabei unterstützen können. Eine zentrale Strategie besteht darin, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in den Vordergrund zu stellen.
Diese Perspektive kehrt das bisherige Vorgehen um: Statt, dass sich Mitarbeitende den Arbeitsbedingungen anpassen, sollen diese auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Da diese von Person zu Person variieren, bedeutet dieser Ansatz nichts weniger als eine konsequente Individualisierung der Arbeit.
Drei Dimensionen der Individualisierung
Führungskräfte sollten mit ihren Mitarbeitenden gemeinsam herausfinden, unter welchen Bedingungen sie am besten arbeiten. Damit dies gelingt, sind drei Aspekte zu realisieren:
Individuelle Gestaltung der Arbeitsinhalte: Die Aufgaben eines Mitarbeitenden sollten sich aus dessen Interessen und Wünsche ableiten. Mit anderen Worten: Die zentrale Frage ist zu beantworten, mit welcher Arbeit sich das Organisationsmitglied identifiziert. Je höher die Identifikation mit der eigenen Tätigkeit, desto mehr profitieren sowohl die Mitarbeitenden als auch das Unternehmen.
Individuelle Wahl des Arbeitsortes: Ob Büro, Homeoffice oder eine Kombination – die Entscheidung darüber sollte individuell getroffen werden, anstatt allgemeine Regelungen vorzugeben, die für die ganze Belegschaft verbindlich sind.
Individualisierung der Arbeitszeit: Das Arbeitszeitmodell sollte so gewählt werden, dass es zu dem jeweiligen Mitarbeiter passt. Besonderes Augenmerk ist auf den Umfang der Arbeitszeit zu legen. Denn dieser entscheidet maßgeblich darüber, ob die geforderte Leistung dauerhaft abgerufen werden kann. Immer mehr Leistung, ja Höchstleistung kann man jedoch kaum in Vollzeit erbringen. Ganz vergleichbar mit einem Fußballprofi, der täglich ein Bundesliga-Spiel bestreiten müsste. Er würde rasch an seine Grenzen stoßen und im Ergebnis weniger Leistung bringen. So wird für die meisten Mitarbeiter wahrscheinlich eine verkürzte Arbeitszeit zur Bedingung für das stetige Erbringen von mehr Leistung, zumal Teilzeitarbeit noch weitere Vorteile mit sich bringt. Statistiken zeigen bereits einen deutlichen Trend hin zur Teilzeit.
Anforderungen an Führungskräfte
Um diesen Wandel erfolgreich zu gestalten, sind Führungskräfte gefordert:
Sie müssen den Ansatz transparent erklären und für Offenheit und Verständnis werben.
Sie sollten regelmäßige Gespräche führen, um die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu erkennen und umzusetzen.
Sie benötigen ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten und die Fähigkeit, aktiv zuzuhören.
Sie müssen bereit sein, Zeit in diesen Prozess zu investieren.
Positive Auswirkungen der Individualisierung
Der Mehraufwand lohnt sich:
Unternehmen profitieren bei der Bewältigung ihrer Herausforderungen von engagierten Mitarbeitenden, die ihre Aufgaben mit mehr Motivation und Leistungsbereitschaft übernehmen.
Mitarbeitende identifizieren sich stärker mit ihrer Tätigkeit und ihrer Organisation, wodurch die Fluktuation sinkt – ein entscheidender Vorteil angesichts des Fachkräftemangels.
Die Individualisierung der Arbeit trägt dazu bei, Arbeit nachhaltig zu gestalten, d.h. unter anderem, dass Arbeit nicht krank macht, als sinnvoll erlebt wird und der Mensch eine längere Lebensarbeitszeit bewältigen kann.
Führungskräfte werden entlastet, da Mitarbeitende mehr Eigenverantwortung übernehmen und weniger Kontrolle erforderlich ist.
Diese Individualisierung voranzutreiben ist Teil des „New Work“-Konzepts von Frithjof Bergmann, das darauf abzielt, ein Arbeitssystem zu schaffen, in dem die Arbeit dem Menschen dient und nicht umgekehrt.
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